TikTok goes GOA 2025
Das Netz ist voller Videoclips – ob Tiktoks, Shorts, Reels und Stories, die vertikalen, schnellen Bilderwelten boomen und ziehen insbesondere ein junges Publikum in seinen Bann. Traditionell fungierten solche Formate in früheren Zeiten im Fernsehen unter der Bezeichnung „Werbevideos“ und haben die Zuschauer*innen nicht selten genervt und wurden im ZDF schließlich von den Mainzelmännchen umrahmt …

Mit MTV und VIVA gingen dann ganze Sender an den Start, die – oft teuer produzierte – Musikvideos rund um die Uhr in einer Heavy Rotation spielten. Auch das war natürlich letztendlich nichts als Promotion für potentielle Hits und die Schallplattenindustrie.
Vinyl und nicht einmal CDs bestimmen heute nicht mehr das Bild, vielmehr ist alles ins Digitale diffundiert, ein riesiger und fast unendlicher Kosmos, in dem vor allem eins wichtig ist: die Auffindung von Content. Ältere Kohorten nutzen dafür meist Google, das es als Verb 2004 in den Duden geschafft hat. Was wäre das heutige Äquivalent dazu?
Das allgemeine Suchverhalten hat sich im Web verändert. 31 % der Angehörigen der Gen Z bevorzugen bei der Online-Recherche inzwischen Social Media-Plattformen. Das zeigt zum Beispiel eine Studie von HubSpot (mehr hierzu bei goodRanking).
TikTok ist inzwischen die führende Plattform für mobile Kurzvideos. 2021 kam es beim Grimme Online Award zur Premiere: Niklas Kolorz überzeugte die Jury mit seiner Vision, komplexe und wissenschaftliche Inhalte in maximal einer Minute aufzubereiten. Gleich zwei Preise konnte er mit nach Hause nehmen – er wurde in der Kategorie „Wissen und Bildung“ und mit dem Publikumspreis ausgezeichnet. (GOA-Blog: TikTok: Wissen neu gedacht)
Jeden Tag nutzen Jugendliche auf der ganzen Welt also TikTok, um ihre Kreativität zum Ausdruck zu bringen, sich mit Freund*innen zu vernetzen und Neues zu lernen. Und daher gibt es für den Grimme Online Award immer mehr Vorschläge aus der TikTok-Welt. Um die jungen Zielgruppen zu erreichen, sind dort zunehmend auch die deutschen öffentlich-rechtlichen Sender, Zeitungsverlage oder Institutionen unterwegs.
Schauen wir uns also einmal einige TikTok-Profile an, die für den GOA 2025 vorgeschlagen wurden:
Das Medienkompetenz-Projekt @handy_crush

Das TikTok-Profil @handy_crush von KiKA und funk mit Content-Creator und Shooting-Star Noel Dederichs greift Alltägliches und vermeintlich Harmloses auf, will den Blick für kritisches Hinterfragen schärfen und bei jungen Menschen nachhaltig einen eigenständigen und kompetenten Umgang mit Handy, Social Media & Co. fördern.
Das Format gibt es seit Juli 2024, nicht jeder Hack ist extrem hilfreich, aber auch verrückte Ideen werden einfach mal ausprobiert. Es gibt viele Hinweise zu Smartphones, zur Handynutzung, zum Beispiel auch zu der Frage, ob man beim Meta-Konzern der Datennutzung für künstliche Intelligenz widersprechen sollte. Ohne Belehrung, mit viel Humor und spannenden Challenges entlarvt der 18-Jährige die schwer zu durchschauenden medialen Verführungsmechanismen von sozialen Netzwerken und sorgt immer wieder für eindrückliche Aha-Momente.
News aus der Popkultur mit @beyondgossip

Ein TikTok-Kanal mit Gossip zur Popkultur, der im Auftrag des ZDF für funk produziert wird. Der ist seit Oktober 2023 online, hat 45k Follower*innen und mittlerweile 2.1 Millionen Likes.
@beyondgossip befasst sich mit News aus der Popkultur. Dabei nicht mit dem Offensichtlichen, sondern mit der Thematik, die dahintersteckt. Die Vermittlung von Medienkompetenz steht im Fokus, denn durch die Schnelllebigkeit von Social Media entstehen schnell Spekulationen und Gerüchte.
News, insbesondere im Popkulturkosmos werden von den User*innen oft nicht auf ihre Wahrheit gecheckt oder hinterfragt. Beyond Gossip macht es sich zur Aufgabe, diesen vermeintlichen Facts auf den Grund zu gehen, Aufhänger sind jeweils aktuell relevante Themen und Stories sowie wiederkehrende Popkulturphänomene.
Wissensinfos mit hohem Tempo im @70sekundenwiki

Hier geht es darum, voller Memes und mit extrem hohem Tempo Wissen in 70 Sekunden zu erklären. In den einzelnen Videos geht es um Geographie, Sprachen, Wissenschaft, Technik oder Kultur.
Mit einer Leidenschaft für nerdiges Wissen und einer Vorliebe für kuriose Fragen bringt Marc Mensing faszinierende Fakten direkt in die TikTok-Feeds der Zuschauer*innen. Zu seinen Lieblingsbeschäftigungen gehört es, das wird zumindest gesagt, sich noch nachts um 3 Uhr Wikipedia-Artikel durchzulesen.
Das Format @70sekundenwiki wird im Auftrag der ARD für funk produziert. Neu auf Social Media ist Marc Mensing allerdings nicht, auf TikTok ist er schon mit etwa 450k Follower*innen mit @60sekundenwiki bekannt und bereits 2009 gründete er seinen ersten YouTube-Kanal mit Gaming-Videos.
Kontroverse Kunst(geschichten) – @troubleartstories

Der Mitteldeutsche Rundfunk (MDR) versucht seit August 2024 auf TikTok, ein junges Publikum für Kunsthemen zu begeistern. @troubleartstories erzählt kontroverse Kunst(geschichten), die die Gemüter der Betrachtenden erhitzt und beeinflusst haben. Durch die kurzen Videos sollen die User*innen aufregende Kunstwerke auf unterhaltsame Weise kennenlernen.
Der Kanal zeigt, wie Kunst heiß diskutiert wird und gesellschaftliche Diskurse vorantreibt. Das Profil möchte die Kontroversen um die Werke miterlebbar machen und die User*innen dazu einladen, sich zur Kunst zu positionieren. Dabei werden auch Diskurse zu Themen gefördert und begleitet, die auf den zweiten Blick viel mehr sind als nur Kunst, sondern denen wichtige Debatten wie Klimaschutz, Tierwohl, Mental Health oder Migration zugrunde liegen.
Die @ZEIT auf TikTok

Was will die ZEIT auf TikTok? Immerhin mit über 280k Follower*innen und über 11 Millionen Likes ist das schon ordentlich. @zeit ist damit einer der größten deutschsprachigen Nachrichtenkanäle auf TikTok.
In den kurzen Clips gibt es moderierte Einordnungen und Hintergründe zu aktuellen Nachrichten, aber auch Spannendes aus der Popkultur und neben klassischen Erklärvideos plattformgerechte Reportagen und Interviews. So wurde direkt aus den USA über die Wahl berichtet, die Redaktion war in Paris bei Olympia vor Ort und auch beim Eurovision Songcontest in Basel. Zur Bundestagswahl wurden für die Tiktoks die Spitzenkandidat*innen der Parteien interviewt und alle Wahlprogramme in 60 Sekunden aufbereitet.
Die ZEIT ist seit 2022 auf TikTok aktiv, Ende 2023 wurde ein eigenes Ressort „Hochkant“ für Kurzvideo-Content im 9:16-Format gegründet und die Plattform ab Januar 2024 mit einer komplett neuen Kanalstrategie und einem eigenem Host-Ensemble bespielt.
daily Struggle-Erfahrungen bei @chaisociety

Bei @chaisociety gibt es Empowerment für Menschen mit Migrationshintergrund, unterhaltsam werden hier schwierige Themen aufgedeckt. Es geht um Identität, Familie, Freundschaft, Liebe, Religion und Kultur von Kindern aus Familien, die in der zweiten oder dritten Generation in Deutschland leben.
Chai Society begann als Podcast im Auftrag von Bremen Next und N-JOY vom NDR, seit vergangenen Jahr ist das Team zudem auf TikTok zu finden. Das Ganze versteht sich als eine Plattform für all die Themen, Erlebnisse und Gedanken, welche die jungen Menschen beschäftigen. Von ersten Rassismus-Erfahrungen über Dating-No Gos bis hin zur Alltags-Hustle. Der Struggle ist real und die Hosts Francine, Ceyda, Dicle und Amin wollen herausfinden, wer sie sind, wohin sie wollen und wie man mit bestimmten Problemen im Alltag richtig umgeht und sie lösen kann. Besonders wichtig ist dabei das Teilen der Erfahrungen im Netz und das Mitreden und Mitdiskutieren der ganzen Community.
Inklusion, Vielfalt und Toleranz – die @barrierebrecher

Für viele gesellschaftliche Gruppen ist der Austausch und das Miteinander im Netz wichtig. Und im Dominikus-Ringeisen-Werk gibt es ein wirklich ganz besonderes Social Media-Team – die Barrierebrecher.
Das sind vier Menschen mit Behinderung, die sich auf Instagram, YouTube und dem TikTok-Kanal @barrierebrecher mit dem Themen Inklusion, Vielfalt und Toleranz befassen. Dabei möchten sie unter anderem insbesondere auch andere Menschen mit Behinderung beraten und inspirieren. Inzwischen haben sie seit Februar 2023 bei TikTok fast 30k Follower*innen und 718k Likes.
Das Projekt findet in Ursberg im Landkreis Günzburg statt, begleitet werden die Barrierebrecher von einem Sozialwirt und einem Social Media-Experten. Zusätzlich gibt es immer wieder Unterstützung aus anderen Fachbereichen des Dominikus-Ringeisen-Werks.
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