Einmal König von Deutschland sein
Mit dem „Kanzlersimulator“ wird politischer Alltag spielerisch vermittelt. Das Angebot richtet sich primär an Schüler, doch auch Erwachsene können hier Spaß haben und etwas lernen: Ob Wahl des richtigen Outfits, Ärger mit dem Koalitionspartner oder erfolgreiche Wiederwahl – hier gibt es politische Bildung zum Anfassen. Monika Buscher, Leiterin der Redaktion Bildung des SWR, verrät, warum sie sich mehr solcher Lernspiele für die Schule wünscht.
Sind Sie von der Nominierung überrascht worden oder haben Sie ihr Angebot selbst vorgeschlagen?
Wir haben den „Kanzlersimulator“ selbst vorgeschlagen – und er wurde wohl auch vorgeschlagen. Das kam in der Vergangenheit aber schon häufiger mit Angeboten von uns vor und wir hatten keine Erwartungshaltung. Im Team war die Freude und Überraschung groß, besonders bei unserem Autor Jörg Wolf und dem Zeichner Leo Leowald. Auf der anderen Seite sind wir, aufgrund der vielen positiven Rückmeldungen der Spieler, von dem „Kanzlersimulator“ überzeugt. Auch weil das Angebot in der Lernspiele-Landschaft eine singuläre Erscheinung ist, bestand natürlich die Hoffnung, dass das, woran wir mehrere Jahre gearbeitet haben, anerkannt wird.
Wie ist Ihr Angebot entstanden?
Mit einer Kollegin vom WDR hatte ich mir 2008 vorgenommen, „Demokratie für die Schule“ als größeren Schwerpunkt anzubieten. Wir wollten für verschiedene Schul- und Altersstufen bausteinartig unterschiedliche Angebote machen. Da sollten sowohl klassische Filme, flankierende Maßnahmen mit Hintergrundinformationen oder eben interaktive Lernanwendungen dabei sein. Da wir mit der SWR-Bildungsredaktion auf langjährige Erfahrungen mit interaktiven Lernspielen zurückblicken können, übernahmen wir diesen Part und machten uns zu zwei Bausteinen Gedanken. Für die Kleinen editierten wir das Lernspiel „Eugens Welt“, das 2012 die „Goldene Gigamaus“ gewann. Da man für den Kanzlersimulator ein gewisses politisches Vorwissen benötigt, ist die Anwendung für Kinder ab der 8.Klasse geeignet. Der Kanzlersimulator war für die schulische Anwendung gedacht, hat aber den Weg aus den Klassenzimmern in die Welt hinaus gefunden und im Netz sein Eigenleben entwickelt.
Wie sieht Ihre tägliche Arbeit aus und wer ist daran beteiligt?
Wir waren ein relativ kleines Team von vier Leuten. Die Grundidee brachte Jörg Wolf ein, ursprünglich für ein Landtagsspiel. Wir haben ein halbes Jahr gemeinsam an dem Konzept gefeilt. Der Kanzlersimulator sollte die parlamentarische Wirklichkeit mit einem Augenzwinkern abbilden und spielmotivierend und jugendaffin sein. Weiter ging es mit der Programmierung und Entwicklung des Simulationskonzeptes. Durch wiederholtes Testen des Simulators ging bis zur endgültigen Fertigstellung fast ein Jahr ins Land. Den ersten Prototypen stellten wir 2011 online. Im Jahr darauf fand eine Evaluation mit der Pädagogischen Hochschule Heidelberg statt. Da wurden Usability und inhaltliche Dinge getestet. Außerdem gab es Testbögen für beratende Lehrer, und ein halbes Jahr Arbeit machte der Abgleich mit den Parteien und den Umfrageinstituten aus. 2013 gab es einen Relaunch – Bugs wurden entfernt, Usability angepasst und politische Inhalte aktualisiert und allen fünf Parteien des damaligen Bundestages noch einmal ihr eigenes Themenranking – ähnlich wie beim „Wahl-O-Mat“ – vorgelegt. Der Release fand dann im August 2013 vor der Bundestagswahl statt. Bis zur nächsten Bundestagswahl ist erst mal Pause. Der Kanzlersimulator wird vor jeder Bundestagswahl aktualisiert und wir starten dann wieder Umfragen, so wie es der „Wahl-O-Mat“ auch tut.
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Was wünschen Sie sich für die Zukunft?
In erster Linie wünsche ich mir natürlich, dass das Spiel auch die nächsten vier Jahre die Attraktivität besitzt, um die nächste Schülergeneration zu motivieren. Dahinter steht ja ein handlungsorientiertes Lernkonzept, die Schüler eben nicht mit einer trockenen Institutionenlehre zu beglücken, sondern schwer durchschaubare systemische Wirkungszusammenhänge aus der Realität spielerisch bewältigen zu lassen. Es ist eine andere Art von Wissensaneignung und Lernfortschritt. Das macht den hohen didaktischen Wert aus. Deswegen wünsche ich mir, dass sich das Angebot in den Schulen herumspricht und zu einer Art Standardwerk etabliert. Es wäre schön, die trockenen Schaubilder oder Vorträge, beispielsweise zur Gewaltenteilung, durch interaktive Lernspiele ersetzen zu können.
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