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Zwischen Stimmen und Streams

Die Bundestagswahl 2025 war keine reguläre – sie kam früher als geplant. Schneller als kalkuliert, lauter als erwartet und digitaler als je zuvor. Wenig Zeit, viele Kanäle und eine Wählerschaft, die längst nicht mehr nur in Talkshows zuhört.

Screenshot Wahltraut Logo

Ausgelöst wurde sie durch die verlorene Vertrauensfrage von Olaf Scholz Ende 2024. Dadurch kam es zu der vorgezogenen Neuwahl, welche am 23. Februar 2025 stattfand. Der Wahlkampf unterlag einem gewissen Zeitdruck, wodurch sich der politische Betrieb neu sortieren musste, wie auch die mediale Vermittlung von Wahlthemen, Positionen und Dynamiken. Im Ergebnis verschob sich die Verbreitung politischer Informationen rund um die Bundestagswahl 2025 zunehmend in digitale, schnell zugängliche und plattformbasierte Formate.

Diese Entwicklung spiegelt sich auch in den Vorschlägen zum Grimme Online Award 2025 wider.

MrWissen2go: Politische Zusammenhänge kompakt erklärt

Screenshot von „Bundestagswahl 2025: Alles, was ihr wissen müsst“

Zur Bundestagswahl 2025 veröffentlichte der Journalist und Youtuber Mirko Drotschmann auf seinem Kanal MrWissen2go eine thematisch gebündelte Videoreihe, die zentrale Aspekte des Wahlkampfs für ein breites Online-Publikum aufbereitet. Im Fokus stehen dabei unter anderem Zusammenfassungen und Vergleiche der Wahlprogramme, Portraits der Spitzenkandidat*innen sowie Erklärungen zu Funktionsweisen und Besonderheiten des politischen Systems. Die Beiträge vermitteln politische Inhalte in einfach verständlicher Sprache und in quellenbasierter Form. Die Reihe richtet sich sowohl an Erstwähler*innen, als auch an Nutzer*innen, die nach einem kompakten Überblick suchen.

Alle vs X: Politische Thesen im Reality-Check

Screenshot Titelbild „Alle gegen die Grünen“

Alle vs X ist ein YouTube-Format von Funk, indem junge Vertreter*innen von SPD, CDU, Grünen, FDP und Linken im direkten 1:1-Diskurs aufeinandertreffen. In zehnminütigen, ungekürzten Diskussionen fordern sie sich gegenseitig heraus, wobei in jeder der fünf Folgen eine Person im Fokus steht und sich gegen die Positionen der anderen Parteien behaupten muss.

Ziel des Formats ist es, politische Positionen pointiert und transparent darzustellen. Dabei wird auf journalistische Sorgfalt geachtet: Falschaussagen werden direkt im Video durch Einblendungen überprüft und korrigiert. Das Format richtet sich insbesondere an ein junges Publikum und will politische Bildung durch direkte Konfrontation und klare Argumentation fördern.

Filterblasen, Falschinfos, Framing – CeMAS klärt auf

Screenshot der Daten des Bundestagswahl 2025 Monitoring

Das Center für Monitoring, Analyse und Strategie (CeMAS) ist eine interdisziplinäre Organisation, die sich auf die Beobachtung und Analyse von Desinformation, Verschwörungsideologien, Antisemitismus und Rechtsextremismus im digitalen Raum spezialisiert hat. Zur Bundestagswahl 2025 hat CeMAS ein umfassendes Monitoring digitaler Risiken aufgesetzt. Im Zentrum steht die Frage, ob und wie antidemokratische Akteure versucht haben, Einfluss auf den Wahlkampf und das Wahlergebnis zu nehmen. CeMAS analysiert dabei unter anderem die Verbreitung von Falschbehauptungen, koordinierte Desinformationskampagnen und mögliche ausländische Einflussnahmen – etwa durch russische Akteure. Die Ergebnisse werden in regelmäßigen Reports und Artikeln veröffentlicht, ergänzt durch Datenanalysen und Fallbeispiele.

CeMAS versteht sich als Wissensplattform und Frühwarnsystem für demokratiegefährdende Entwicklungen im digitalen Raum – mit dem Ziel, gesellschaftliche Resilienz gegenüber Desinformation und Extremismus zu stärken.

Der Real-O-Mat: Stellung beziehen ohne Partei- Bias

Screenshot des Real-O-Mat vom Parteivergleich

Der Real-O-Mat ist ein digitales Informationsangebot zur Bundestagswahl 2025, das sich bewusst von klassischen Wahlhilfen unterscheidet. Statt Wahlversprechen oder Parteiprogramme zu analysieren, stellt der Real-O-Mat das tatsächliche Abstimmungsverhalten der Bundestagsfraktionen und Gruppen in den Mittelpunkt. Grundlage sind konkrete Anträge und Gesetzentwürfe der vergangenen Legislaturperiode. Nutzer*innen können ihre eigenen politischen Positionen mit den realen Entscheidungen der Parteien im Bundestag abgleichen – und so herausfinden, welche Partei in der Praxis am ehesten mit den eigenen Überzeugungen übereinstimmt. Dabei wird deutlich: Politische Rhetorik und tatsächliches Handeln sind nicht immer deckungsgleich.

Der Real-O-Mat richtet sich vor allem an politisch interessierte Bürger*innen, die über Wahlversprechen hinausblicken und sich ein faktenbasiertes Bild vom Abstimmungsverhalten der Parteien machen möchten. Besonders geeignet ist das Tool für Menschen, die sich kritisch mit parlamentarischer Praxis auseinandersetzen wollen – etwa junge Wählerinnen, Erstwählerinnen, politisch Engagierte oder auch Lehrkräfte und Bildungseinrichtungen. Das Projekt wurde von der gemeinnützigen Organisation FragDenStaat entwickelt und ist spendenfinanziert. Es versteht sich ausdrücklich nicht als Wahlempfehlung, sondern als transparente Orientierungshilfe zur politischen Praxis im Bundestag.

Wer wählt für alle? WAHLTRAUT fragt nach Intersektionalität

Screenshot des Instagram Profils „wahltraut_de“

WAHLTRAUT ist ein digitaler Wahlkompass mit feministischer Perspektive, der Wähler*innen dabei unterstützt, eine informierte und gleichstellungsorientierte Entscheidung bei der Bundestagswahl zu treffen. Ähnlich wie der Real-O-Mat funktioniert WAHLTRAUT über die Beantwortung politischer Thesen – mit dem Unterschied, dass hier der Fokus klar auf Gleichstellung, Geschlechtergerechtigkeit und feministischer Politik liegt. Nutzer*innen können eine Vielzahl an Thesen zu Themen wie Care-Arbeit, reproduktive Rechte, Diversität, Antidiskriminierung oder Gleichstellungspolitik bewerten. Die Antworten der Parteien werden transparent gegenübergestellt, ergänzt durch Hintergrundinformationen und Faktenchecks. So wird nicht nur sichtbar, welche Partei welche Position vertritt, sondern auch, wie konsequent sie feministische Anliegen in ihren Programmen verankert haben. Zurzeit ist die Website offline, aber der Instagram Account des Projekts blieb bestehen.

Hinter WAHLTRAUT steht die Initiative #stattblumen, die sich seit 2020 für strukturelle Veränderungen in der Gleichstellungspolitik einsetzt. Hierbei fungieren Cordelia Röders-Arnold und Sally Lisa Starken als Hosts des Angebots. Unterstützt wird das Projekt von zahlreichen Expert*innen, Organisationen und Gleichstellungsstellen. WAHLTRAUT ist mehr als ein Tool zur Wahlentscheidung – es ist ein politisches Statement für mehr Sichtbarkeit und Verbindlichkeit in der Gleichstellungspolitik.

DIE ZEIT: Visualisierte Wählerlandschaften

Screenshot der Übersicht „Daten und Visualisierungen zur Bundestagswahl“

Zur Bundestagswahl 2025 bietet DIE ZEIT ein umfangreiches datenjournalistisches Angebot, das Wahlergebnisse, politische Entwicklungen und gesellschaftliche Trends tiefgreifend analysiert und visuell aufbereitet. Im Zentrum stehen interaktive Karten, Tools, Visualisierungen und Live-Dashboards, die Nutzer*innen ermöglichen, das Wahlergebnis bis auf die Ebene einzelner Wahllokale nachzuvollziehen.

Die Redaktion beleuchtet unter anderem Stimmverteilungen in Großstädten und Gemeinden, inklusive überraschender Verschiebungen im Wahlverhalten, Einflüsse von Einkommen und Migrationsanteil auf Wahlergebnisse, die Auswirkungen der Wahlrechtsreform, sowie die Zusammensetzung des neuen Bundestags.

Ergänzt wird das Angebot durch analytische Artikel, etwa zur Rolle von TikTok im Wahlkampf der AfD, zur Entwicklung der Parteiprogramme oder zur Beliebtheit einzelner Parteien. Auch ein interaktiver Rechner zu den Steuerplänen der Parteien ist Teil des Angebots. DIE ZEIT bietet durch das Angebot eine ausführliche datengetriebene Wahlberichterstattung an, die politische Entwicklungen nicht nur abbildet, sondern auch einordnet und hinterfragt.

Tagesschau together: Wahlkampf im Livestream

Screenshot vom Youtube Kanal „tagesschau“ der ARD-Wahlarena zur Bundestagswahl

Auch die tagesschau passte sich dem veränderten Mediennutzungsverhalten jüngerer Zuschauer*innen an. Unter dem Titel „tagesschau together“ wurden zwei zentrale Wahlkampftermine – das TV-Duell zwischen Olaf Scholz und Friedrich Merz am 09. Februar sowie die Wahlarena am 17. Februar – live auf Twitch begleitet. Die Streams verbinden Echtzeitübertragung mit Moderation, Chat-Interaktion und Gastbeiträgen. Ergänzende Inhalte wurden im Anschluss auch über YouTube, Instagram und TikTok ausgespielt. Die Moderation übernahmen Hanin Kleemann und Felix Edeha. Eingeladene Gäste kommentierten das Geschehen und beantworteten Fragen aus dem Community-Chat. Damit kombiniert das Format politische Berichterstattung mit Elementen der Onlinekultur.

Mit über 1,4 Millionen Aufrufen beim TV-Duell und rund 1,2 Millionen bei der Wahlarena erreichten die Streams eine hohe Resonanz. Insgesamt wurden über 245.00 Chatkommentare verzeichnet – eine deutliche Steigerung gegenüber den durchschnittlichen Interaktionszahlen klassischer Nachrichtenformate.

Recherchieren, was euch bewegt – CORRECTIV fragt nach

Screenshot „deine Stimme, deine Themen“ von correctiv

„Deine Stimme, deine Themen“ ist eine kollaborative Wahlberichterstattung von CORRECTIV und sechs Lokalmedien, bei der nicht die Parteien, sondern Bürgerinnen und Bürger die Agenda setzen. Statt sich an den Botschaften der Parteien zu orientieren, wurden im Rahmen der Bundestagswahl 2025 über 2.000 Menschen befragt, welche Themen ihnen im Wahlkampf wichtig sind. Auf dieser Grundlage hat jede Redaktion ihre eigene regionale Wahlagenda erstellt, mit der sie gezielt auf Kandidierende zugegangen ist. Auch zur Landtagswahl in NRW wird das Konzept fortgeführt. Besonders ist zudem, dass die Redaktionen nicht nur die von CORRECTIV entwickelte Plattform CrowdNewsroom gemeinsam nutzen, sondern auch Ideen und Probleme live miteinander teilen und so die Wahlagenden kollaborativ entwickeln. Ziel ist es, die bürger*innenzentrierte Wahlberichterstattung mithilfe eines Best-Practice-Leitfadens auch für weitere Medien zugänglich zu machen, dauerhaft zu etablieren und so die demokratische Teilhabe zu stärken.

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