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Da ist Musik drin: Bilder in Bewegung

Im kopaed Verlag neu erschienen: Lars Gräßer / Aycha Riffi (Hrsg.): Einfach fernsehen? Zur Zukunft des Bewegtbildes. Schriftenreihe Schriftenreihe zur digitalen Gesellschaft NRW. Band 2, München 2013, 126 Seiten

Ein Gastbeitrag von Lars Gräßer, wissenschaftlicher Mitarbeiter im Bereich Medienkompetenz des Grimme-Institut, und Aycha Riffi, Referatsleiterin der Grimme Akademie.

Der aktuelle „Springer-Deal“ belegt: Nichts geht im Digitalen ohne Bewegtbild, der Markt gerät in Bewegung. Offizielle des Online-Video-Netzwerkes YouTube prognostizieren: Bereits 2020 werden etwa drei Viertel aller Bewegtbildinhalte aus dem Internet konsumiert werden. Nun: Aus ihrer Perspektive klingt das wenig überraschend.

Allerdings kommen nicht nur Verlagsmanager sondern auch Entscheidungsträger aus der Fernsehbranche immer häufiger zu ähnlichen Einschätzungen. Ziemlich sicher darf man sich also sein, dass die Nutzung der Bewegtbildangebote aus dem Internet immer bedeutsamer wird und die Nutzungsformen vielgestaltiger. Die Rezeption verändert sich durch soziale Online-Netzwerke, die zum Kommentieren und teilweise auch zu weiteren Interaktionsformen einladen. Gefragt sind hier mehr und mehr anspruchsvolle Angebote, die über Abstimmungstools und Preisfragen hinausgehen. Rückkanalfähige Plattformen und Kommunikationsangebote werden zur Pflichtaufgabe für die Produzenten.

Jenseits der Marketingaktivitäten macht der Begriff des vernetzten bzw. transmedialen Erzählens die Runde:  Dahinter verbirgt sich die medienübergreifende Erzählform; Inhalte bzw. Geschichten sollen über mehrere Plattformen hinweg funktionieren. Hinzu kommen Zuschauer, die aktive Nutzer sein wollen und ihre Version der Geschichten einbringen möchten.

Eigene Medienlandschaft

Im Netz ist neben den klassischen Bewegtbildangeboten eine ganz eigene Medienlandschaft erwachsen, die zumindest (noch) nach eigenen Regeln funktioniert. Sie zählt schon jetzt knapp anderthalb Tausend Web-TV-Sender, auf denen täglich knapp 200 Millionen Videos abgerufen werden. Zwar  stellen die Sender-Webseiten (Mediatheken) einen wichtigen Anlaufpunkt für Bewegtbilder im Netz dar, aber ihre Bedeutung dürfte zu Gunsten anderer Plattformen sinken, wenn hier nicht durch hochwertige Inhalte und eine webspezifische Kommunikation gegengesteuert wird.

Neben den Streamingdiensten sind zudem die sozialen Online-Video-Netzwerke eine Konkurrenz am Bewegtbildmarkt geworden. Vom ersten  Clip in 2005 bis heute hat sich bei YouTube viel getan. Weltweit werden jede Minute fast 100 Stunden Videomaterial hochgeladen, während deutsche Anbieter wie bspw. sevenload – 2006 hoffnungsvoll gestartet – an Bedeutung verlieren. Selbst die Privatsender mit ihren Videoportalen MyVideo, Clipfish und MySpass finden nur einen Bruchteil des Interesses.

Unterdessen professionalisieren sich die Strukturen im Webvideobereich. Spezielle Netzwerke sind entstanden, die Talente gezielt aufbauen und als (hoffentlich, irgendwann) zugkräftige Inhalteproduzenten managen. Sie bieten den „Youtubern“ an, sich mit anderen Künstlern zusammenzutun, Sendungen und Shows zu produzieren und dies zu promoten (vor allem per Social Media), was Reichweiten sicher stellt und für mehr Klicks sorgt. Mittlerweile unterstützt(e) YouTube selbst die Professionalisierung der Inhalteproduktion: Die Google-Tochterfirma ging 2012 mit eigens für sie – von „TV-Firmen“! – produzierten Original-Kanälen auf Sendung, allerdings wird das Projekt der vorfinanzierten  „Orignial Channels“ nicht weitergeführt. Für die beteiligten Fernsehmacher und -Firmen war dies immerhin ein Jahr „Reality-Check“, um die Gesätzmäßigekeiten des Netzes auszuloten. Es wird sich zeigen, welche Firmen die Plattformen Fernsehen und Internet gleichermaßen bespielen werden.

Festzustellen ist in jedem Fall, dass im Webvideobereich eigene Formate oder auch Genres entstanden sind und entstehen. Das sind etwa eigene Talkformate. In den sog. „Let’s-Play-Videos“ werden Computerspiele „vor“-gespielt und dabei kommentiert – wie die Live-Berichterstattung von einem Sportevent, in den „Unboxing-Videos“ neue Produkte – besonders gerne Computer, Mobiltelefone oder dergleichen – ausgepackt und vor laufender Kamera getestet, in den „Haul Videos“ Kostmetikprodukte ausprobiert und -tipps gegeben. Bemerkenswert ist hier der selbstbewusste Umgang mit dem „Konsumgut“, problematisch hingegen die oftmals intransparente und häufig bezahlte Produktplatzierung.

Klaus Kauker, hier mit Annett Lousian

Klaus Kauker, hier mit Annett Lousian

Neues (altes) Lernen – mit Musik?

Daneben findet sich eine riesige Auswahlmöglichkeit an Bewegtbildern, durch die man sich neues Wissen aneignen kann. Singen, Stricken, Golfspielen oder Niederländisch lernen sind nur einige wenige Beispiele, sucht man bspw. in YouTube nach dem Schlagwort „Lernen“. Zu allen möglichen Themen sind Bewegtbilder zu finden, in allen möglichen Qualitäten. Bei näherer Betrachtung wird allerdings schnell klar: Ein systematischer Wissenserwerb ist hier nur in wenigen Fällen möglich, allenfalls erste Eindrücke. So etwas komplexes wie die Vermittlung einer Fremdsprache, wird vorerst klassischen Anlaufstellen überlassen bleiben, selbst wenn sich wunderbare fremdsprachliche Angebote finden lassen.

Des Weiteren fällt auf: Während sich die Pädagogik auf der einen Seite von der starken Lehrerpersönlichkeit verabschiedet, zu Gunsten eher moderierender Rollen, feiert der Lehrer als guter „Performer“ hier seine Renaissance und wird beispielsweise im Rahmen des Grimme Online Award ausgezeichnet: Im vergangenen Jahr wurde der Musikstudent Klaus Kauker prämiert, der in seinem Videoangebot „MusikTraining“ musikalische Neuerscheinungen unter die Lupe nimmt. „Eigentlich aber gibt Kauker Musikunterricht, von der Rhythmusschule über das Klavier bis hin zu Mitklatsch-Unterricht. Er schafft einen Zugang zur Musik, der auch für Laien verständlich und dabei unterhaltsam ist, wie die zahlreichen Kommentare belegen“, so die Jury.

Und in diesem Jahr wurden zwei recht ähnliche Angebote nominiert, ohne allerdings einen Grimme Online Award zu gewinnen: Das war zum einen „Stefans Musikworkshop“ – hier ist der Name Programm – und zum anderen „DorFuchs“ – hier präsentiert ein Mathematikstudent sein Wissen per Gesang und Gitarre. Beim Deutschen Webvideopreis konnte sich „Stefans Musikworkshop“ qua Publikumsvoting jedoch durchsetzen. Sieht so der neue „Lehrer-Online“ aus?

Überhaupt ist das Thema Musik von großer Bedeutung auf und für YouTube. Anfang November wurden erstmals die „YouTube Music Awards“ verliehen. Zur Ermittlung der möglichen Preisträger standen die seinerzeit beliebtesten Videos einen Monat lang zur Wahl, wobei die Preisverleihung ausschließlich ins Netz übertragen wurde – ein Beleg für die schleichende Veränderung der Übertragungswege.

Fazit

Die Digitalisierung verändert viel, aber nicht alles. Was für die Medienmacher, die -inhalte und die –nutzer zwischen Evolution und Revolution oszilliert, könnte neue Perspektiven für das Lernen eröffnen – zumindest in einigen Fällen. Und das gute alte Musikfernsehen erlebt vielleiche eine Renaissance.

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